KV Dachau – Schule, Lernen, … in 20–30 Jahren
Eine Gruppe aus unterschiedlichen Bereichen hat sich des Themas angenommen und priorisiert. Dabei wurden die zehn höchst priorisierten Themen hier zusammengefasst:
- Der Fachkräftemangel aufgrund der demografischen Entwicklung und der hohen Anzahl an Schülerinnen und Schüler, die keine Berufsausbildung anstreben, macht gerade den KMUs (Klein- und Mittelständischen Unternehmen) und dem Handwerk stark zu schaffen.
◦ Hier sollte von den Betrieben schon frühzeitig (z.B. in der Grundschule) den Schülerinnen und Schüler und vor allem den Eltern gezeigt werden, dass es hier tolle, zukunftsorientierte Berufe gibt und nicht immer der Weg zum Studium die beste Wahl ist.
Vor allem darf man hier die Studienabbrecherquote nicht unterschätzen.
◦ Die Betriebe und Schulen sollten mehr aufeinander zugehen, um beispielsweise durch Praktika, Schnuppertage, Betriebserkundungen etc. den Kindern die Arbeit dort zeigen und so bei den Kindern Interesse wecken und die Berufe durch das Erleben näher bringen.
Somit wird die Realschule/Mittelschule/Wirtschaftsschule deutlich gegenüber dem Gymnasium gestärkt. - Reines Auswendiglernen und Wiedergeben (Bulimielernen) ist nicht mehr zeitgemäß. Heute und in Zukunft (Lebenslanges lernen) ist die Fähigkeit, sich Lerninhalte selbst zu erarbeiten eine unerlässliche Schlüsselkompetenz.
Die Digitalisierung und tiefgreifende Mediatisierung in allen Lebensbereichen, insbesondere auch in der Arbeitswelt, erfordert ständige Erneuerung des Gelernten. Hier ist es auch Aufgabe des Staates, insbesondere der nachwachsenden Generation von Anfang an umfangreiche Medienkompetenz zu vermitteln. Hier kann man am Arbeitsmarkt nur bestehen, wenn man sich ständig und vor allem selbstständig weiterbildet.
◦ Den Kindern muss daher schon frühzeitig das selbstständige Lernen, in jungen Jahren spielerisch, vermittelt werden und die Technik, den entsprechenden Transfer zu vollziehen — die bereits vorhandenen Ansätze müssen hier ergänzt und erweitert werden.
◦ Die Rolle des Lehrers muss sich stärker anpassen. Lehrkräfte agieren als Coaches, Berater, Lernbegleiter und Projektmanager um zukunftsrelevante Metakompetenz (reflektieren, was fachlich/inhaltlich und im Team gut und nicht so gut geklappt hat, um beim nächsten Mal diese Hindernisse zu vermeiden) zu fördern.
◦ Die Lerninhalte sollten dynamisch sein und sich leichter anpassen/ändern lassen – nicht nur Neues dazu nehmen, sondern auch Altes über Bord werfen. Manche Lehrpläne brauchen über 20 Jahre, bis diese geändert werden – dies ist nicht mehr zeitgemäß.
→ „Agiler Unterricht“
◦ Auch das „kritische Denken“ – eine Kompetenz der Zukunft – muss hier mehr gefördert werden. Die Zeiten „Die Lehrerin / der Lehrer hat immer recht“ sind vorbei.
Auch müssen die SuS schon frühzeitig lernen, zu erkennen, was vertrauenswürdige Quellen/Daten sind, wie man diese erkennt und welche unter die Kategorie „Fakenews“ fallen.
◦ Aber die Grundfertigkeiten (Lesen, Schreiben und Rechnen, aber auch Logik/Programmierung) dürfen hier nicht vernachlässigt werden.
→ Aktive Mitarbeit, selbstständige Arbeitsweise, Ausdauer, Konzentration, Anstrengungsbereitschaft, Sorgfalt, Gründlichkeit, Arbeitstempo, … - Teamwork – keine Einzelkämpfer
Betrachtet man das Arbeiten in vielen Firmen und Betrieben, so sind die Zeiten des Einzelkämpfers vorbei. Das Arbeiten im Team ist der Standard und nur so lassen sich Projekte meistern. Auch dieser Ansatz muss mehr in der Schule „gelebt“ werden. Ein Beispiel hierfür ist der Agile Ansatz für die Schule, beispielsweise eduScrum oder Scrum4Schools. So findet man beim neuen Lehrplan für die IT-Berufe explizit „Die SuS gestalten und entwickeln mit agilen Methoden …“ - Lehrerausbildung bzw. Lehrerweiterbildung
Die Ausbildung muss mit den aktuellen und zukünftigen Methoden Schritt halten. Hier muss der Fokus mehr in Richtung didaktischen und praxisnahen Ausbildungsinhalten verschoben werden. Diese würde nicht nur für bessere praktische Kompetenzen und einen leichteren Einstieg in den Schulalltag führen, sondern könnte zugleich den Beruf als Lehrkraft wieder attraktiver machen.
Was nicht im Studium gelernt wird, muss in der Lehrerweiterbildung, teilweise verpflichtend vermittelt werden. Eine Weigerung der Lehrkraft, neue Methoden, Inhalte oder „Tools“ zu erlernen und anzuwenden, darf nicht vorkommen. Ein lebenslanges Lernen darf nicht nur von den SuS verlangt und erwartet werden, sondern auch von den Lehrkräften.
Aber es muss hierfür Raum geschaffen werden, so dass es auch der Lehrkraft möglich ist, ohne extreme Zusatzbelastung. Sogenannte „Sundowner“-Fortbildung (meist nur Online) nach Unterrichtsende von 17:00–21.00 Uhr sind hier nicht hilfreich, im Gegenteil.
Eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und mit Hochschulen/Universitäten sollte hier regelmäßig stattfinden. - Medienkonzept, Medieneinsatz, Computer…
Bei vielen Schulen, egal welche Schulart und welche Altersstufe ist der Einsatz von Computern im Unterricht nicht immer einfach. Gerade die Pandemie mit dem Distanzuntericht hat hier die Probleme sehr deutlich gemacht. Jede Schule verwendet andere Computer (PCs, Notebooks, Tablets, …), Geräte (Beamer, Whiteboard, Drucker, …), Netzwerke oder Software, usw. Die Geräte der Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht haben dies noch verstärkt. Gerade wenn den Kindern nur sehr schwache oder ältere Hardware zur Verfügung steht. Die Lehrkräfte sind kaum in der Lage, hier bei Problemen zu helfen. Systembetreuer sind hier selten oder haben oft nicht die Ressourcen, flächendeckend zu unterstützen.
◦ Eine mögliche Lösung wäre die Virtualsierung der PCs in einem zentralen Rechenzentrum. Vom Arbeitsrechner, auch BYOD (PC, Notebook, …) wird nur eine Remotesoftware benötigt (es kann schwache bzw. ältere Hardware verwendet werden). Die eigentliche Software läuft dann zentral im Rechenzentrum – somit gibt es auch keine Probleme mit Lizenzen. So hätten die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte immer die selbe Software, egal ob diese von zu Hause, in der Schule oder irgendwo arbeiten. Die Wartung erfolgt zentral im Rechenzentrum und so kann sich die Lehrkraft auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren.
◦ Lernen: gemeinsam, individuell oder hybrid wäre dann sehr einfach möglich
◦ Medienerziehung als fester Bestandteil schon in der Grundschule.
◦ Statt auf Verbote (z.B. Handynutzung in der Schule) auf gewünschte Inhalte setzen - Personaldecke – Lehrermangel beseitigen:
Der Lehrkräfteeinsatz wird nach der Anzahl der Klassen und der Unterrichtstage im Jahr geplant, so dass eine hundertprozentige Abdeckung erreicht wird. Fällt eine Lehrkraft aus (Krankheit, Schwangerschaft, Corona, …), so bedeutet dies automatisch Mehrarbeit für das Kollegium oder Ausfall der Stunden für die Klasse. So ist es nicht oder nur sehr schwer möglich, auf schwache SuS, die durch externe Einflüsse (Krankheit, …) Stoff versäumt haben, einzugehen.
In Betrieben und Unternehmen hat sich seit Jahren eingebürgert, hier keine 100%-Auslastung vorzugeben, sondern hier mit 80% pro Mitarbeiter zu planen, so dass man flexibel auf Ausfälle etc. reagieren kann. Diese sollte auch so im Schuldienst gemacht werden.
Die Zeiten, in denen mobile Reserven in einigen Schulbereichen eingeplant wurden, neigt sich dem Ende zu, weil insgesamt zu wenig Lehrkräfte, gerade mit bestimmten Lehrfähigkeiten zur Verfügung stehen.
Über Alternativen, beispielsweise der Einsatz von Drittkräften muss nachgedacht werden.
Es müssen dringend Notfallkonzepte bzw. Alternativ-Konzepte erarbeitet und ständig aktualisiert werden, so dass man schnell und unkompliziert im Bedarfsfall agieren kann.
Aussagen von Politikern machen den Lehrberuf nicht attraktiver.
„Lehrer sind faule Säcke“ Ex-Kanzler Gerhard Schröder
„Wir haben zwar mit die teuersten, aber nicht immer die besten und fleißigsten Lehrer“ Ex-Wirtschaftsminster Franz Josef Pschierer - Materialien schon frühzeitig zur Verfügung stellen, am Besten online.
So können sich die SuS schon frühzeitig auf den Stoff/Lerninhalt vorbereiten (wenn sie dies wollen) oder bei Krankheit/Abwesenheit dies nachlernen.
Das Hasso Plattner Institut bietet eine erweiterte Lernplattform1 für online-Kurse (kostenlos) zur Verfügung, wo Lernende mit automatisch korrigierten Test (ein Einsatz von KI, etc. ist hier sicher auch sinnvoll) ihr Wissen überprüfen und vor allem Wissenslücken feststellen können.
Für die Zukunft wäre eine solche Lösung, integriert in die BayernCloud eine tolle Ergänzung für den normalen Unterricht. - Schulsprengel: gerade in der Berufsausbildung schwierig, da der Sitz der Firma zählt – Gastschulantrag, weite Entfernungen (Zeit, Umwelt, Kosten, …)
Durch eine flexible Zuteilung bzw. könnte man nicht nur die Entfernungen verkürzen, sondern für so manchen Jugendlichen die Ausbildung wesentlich attraktiver machen.
„So weit fahre ich nicht, da gehe ich nach der Realschule lieber auf die FOS“.
Auch zu überlegen ist, ob man gerade bei großen Schulsprengeln (Südbayern, ganz Bayern, Deutschlandweit) deutlich mehr auf Distanzunterricht setzt und nur einige verpflichtende Präsenzveranstaltung anbietet.
Dieser Ansatz könnte aber auch sehr gut genutzt werden, um beispielsweise Wahl-(pflicht)-fächer anzubieten, wo an einer Schule zu wenig SuS teilnehmen, so dass dieser stattfinden kann. - flexiblere Räume → Beispiel neue Schule Odelzhausen
Schulgebäude zukunftssicher bauen: Klassenräume offener gestalten z.B. Wohnzimmeratmosphäre schaffen, Tische mit eingebauten Computer oder BYOD, Bibliothek und somit Gruppenarbeit fördern. Lernende lernen bei einem gemeinsamen Projekt voneinander.…
siehe auch „Teamwork – keine Einzelkämpfer“ - Die Flüchtlingswelle und gerade die Kriegskatastrophe hat deutlich gezeigt, dass sich hier bei der Integration der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einiges tun muss und überlegt werden muss, wie man diese aufnimmt, integriert, „willkommen heißt“ und ins Schulsystem einbindet. Dabei sollte die Schule anhand der örtlichen Gegebenheiten selbst entscheiden dürfen, ob hier Integrations- / Migrationsklassen parallel zu Deutsch-Klassen eingerichtet werden oder beispielsweise die SuS sofort in den normalen Klassen integriert werden.
Es zeigt sich, dass hier viele Punkte, die priorisiert worden sind, sich auch in der Wissenschaft bzw. in der aktuellen Diskussion befinden.
Mitwirkende (in alphabetischer Reihenfolge):
Elisabeth Burgmair, Renate Enzensberger, Dr. Christina Epple , Michael Niedermair, Helga Schiller, Timon Sporrer, Angelika Wültsch, Sebastian Zollbrecht und weitere
Bericht Lernen in 20..30 Jahren als PDF
Kopfbild: pixabay Yuri_B